Kreative Sachmedien in der Supervision

2. Kreative Sachmedien in der Supervision


Wie eingangs dargestellt, lassen sich kreative Sachmedien in der Supervision nach zwei Gesichtspunkten unterscheiden. Es kann sich um

- technische Medien handeln, die kreativ verwendet werden oder es geht um

- Materialmedien.

Gerade bei der Verwendung von Sachmedien sind der Kreativität des Supervisors keine Grenzen gesetzt, bzw. das Repertoire für den Umgang mit diesen Medien wird bei den meisten Supervisoren im Laufe der Zeit immer umfassender. So kann die nun folgende Beschreibung einzelner Medien auch nur einen groben Rahmen bilden, der zur weiteren "kreativen Medienverwendung" animieren soll.

Wie für Handlungsmedien gilt für Sachmedien, daß sie zum supervisorischen Thema, zur supervisorischen Situation und besonders zum Anlaß der jeweiligen Supervision passen müssen.

(1) Kompatibilität zum Thema

Wie am Anfang des Kapitels über kreative Medien angesprochen, können Medien der Übermittlung von Informationen dienen. Sie ermöglichen Übermittlung sachlicher, digitaler Informationen auf der einen Seite und die Vermittlung prärationaler bzw. analoger Inhalte auf der anderen.

Wenn Supervisanden dem Supervisor die formale Struktur ihrer Organisation erläutern wollen, ist es sinnvoll, Medien vorzuschlagen, die einen klaren Überblick über die Struktur einer Organisation ermöglichen. Wenn sich die Fragestellung dagegen um die "Atmosphäre" eines sozialen Systems zentriert, müssen Medien herangezogen werden, die gefühlshafte Phänomene deutlicher machen als bisher.

Beispiel 26.:Im ersten Fall wären klassische Organigramm-Zeichnungen auf eine Wandtafel oder bewegliche Organigramme mit Bausteinen zu präferieren, im zweiten Fall können Bilder oder Tonplastiken mit dem Titel "ich in meiner Organisation" angefertigt werden.

(2) Kompatibilität zur supervisorischen Situation

Auch die Verwendung kreativer Sachmedien ist immer von mehr oder weniger umfassenden Regressionen begleitet, d.h. ihre eigene Ladung, aber auch ihre Ladungsweise fordert regemäßig einen gewissen Grad an Regression bei Supervisanden heraus. Diese muß in ihrem Tiefungsgrad zur Situation passen, bzw. zur Bereitschaft der Supervisanden in der je spezifischen Supervisionssituation.

Hier ist von zentraler Bedeutung, ob es sich um Einzel-, Gruppen- oder Teamsupervision handelt. Die Einzelsupervision stellt einen relativ intimen Rahmen dar, in dem Supervisanden meistens eine hohe Experimentierbereitschaft zeigen, unterschiedlichste, oft auch sehr regressions-orientierte Medien zu verwenden. Ihre Bloßstellungsängste sind gering. In der Teamsupervision dagegen, wo die Supervision unter den Augen der Kollegen stattfindet, finden wir regelmäßig eine größere Vorsicht. Hier sind Medien mit geringerer regressiver Ladung zu verwenden.

Eine andere relevante Situationsvariable ist der Zeitfaktor. Das heißt, zu Beginn einer Supervision lassen sich nur in Ausnahmefällen kreative Sachmedien verwenden. Sie sind im allgemeinen erst im weiteren Verlauf gemeinsamer Arbeit zu nutzen, wenn sich Supervisor und Supervisanden schon länger aufeinander einstellen konnten und einen gewissen Grad an Vertrautheit entwickelt haben.

(3) Kompatibilität zum supervisorischen Anlaß

Die Verwendung der hier beschriebenen Sachmedien setzt automatisch einen unterschiedlichen zeitlichen Rahmen von Supervision voraus. So lassen sich in einer 2-stündigen Supervisionssitzung nur manche Medien verwenden, während in Supervisionssequenzen von mehreren Tagen auch Medien zu verwenden sind, deren Ladung viel Zeit in Anspruch nimmt. Kreative Videoarbeit oder das Anfertigen einer Collage bedürfen eines breiteren zeitlichen Rahmens als das Anfertigen einer Skizze oder das Auslegen von Bausteinen.

Die Supervisanden verfügen auch je nach dem Anlaß der Supervision über unterschiedlich viel Muße, ein Medium zu laden. In einer Krisensitzung herrscht keine entsprechende Stimmung, die es erlaubt, eine Collage zu verfertigen. In mehrtägigen, thematischen Supervisionsseminaren dagegen etwa zum Thema: "der Einfluß der Organisation auf meine Arbeit" besteht die Möglichkeit, eine Vielzahl auch aufwendigerer Medien zu verwenden.

2.1. Technische Medien in der kreativen Verwendung

In der Supervision werden heute häufig Sachmedien wie Audio- oder Videogeräte in ungeladener Form verwendet. Seltener dagegen finden wir geladene Sachmedien, also Audio- oder Videokonserven.

2.1.1. Nicht-geladene technische Medien

(1) Audiogeräte

Audiogeräte und Audiokassetten spielen schon traditionell eine große Rolle in der Supervision. So lassen sich etwa bei der Supervision therapeutischer oder beratender Arbeit viele Supervisoren Audiobänder von den Supervisanden vorspielen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine kreative Verwendung, sondern dabei steht die Informationsfunktion der Medien im Vordergrund. Die Bänder dienen meistens der Kontrolle, ob sich nämlich das, was die Supervisanden berichten, auch an einer Konserve evaluieren läßt.

Eine kreative Verwendung von Audiobändern begegnet uns dagegen in Fällen, wo z.B. Supervisanden oder Supervisoren Bänder aktuell präparieren, um eine neuartige Lernerfahrung zu machen.

Beispiel 27.: Eine Gruppe von Mitarbeitern der Telephonseelsorge verwendete anläßlich einer ihrer drei-tägigen Supervisionsseminare ungeladene Audiobänder. Sie besprachen sie mit verschiedenen Sequenzen aus ihren letzten Diensten. Sie wollten damit nicht nur ihre Stimme und ihre Art zu sprechen kontrollieren, sondern sie beabsichtigten auch, sich Aspekte ihrer Stimme am Telephon, die ihnen bisher noch nicht zugänglich waren, durch Feedback zu erschließen. Außerdem versuchten sie auf diese Weise eine Erweiterung ihrer bisherigen stimmlichen und sprachlichen Möglichkeiten zu realisieren.

Übungsaufgabe 23.: Vielleicht könnten Sie in Ihrer Diskussionsgruppe ebenso mit einem Autoband experimentieren? Untersuchen Sie doch mal genauer, wie Sie Ihre jeweiligen Stimmen und Ihren Redefluß erleben. Geben Sie sich Feedback.

(2) Videogeräte

In den letzten Jahren werden auch immer häufiger Videogeräte in der Supervision eingesetzt. Sie dienen wie Audiobänder meistens zur Evaluation des von den Supervisanden Berichteten.

Eine kreative Verwendung von Audiobändern finden wir in solchen Fällen, wo Supervisanden Videobänder eigens präparieren, um eine neuartige Erfahrung zu machen.

Beispiel 28.: Bei einer mehr-tägigen Gruppensupervision von Kindergottesdiensthelfern schlug der betreuende Sozialarbeiter vor, daß die Helfer einige biblische Geschichten, die sie in der nächsten Zeit mit den Kindern bearbeiten wollten, durch Videoarbeit vorbereiten. Bei dieser relativ aufwendigen Sequenz wurde eine Videokamera, ein Videoschirm, eine Vielzahl von Zeitungen, Pappkartons Scheren und Klebstoff benötigt. Die Helfer fertigten zunächst aus den Zeitschriften kleine Kulissen für ihre Geschichten. An den Seiten der Kulissen brachten sie Schlitze an, um Stäbe mit Figuren einzuschieben. Nun wurde die Videokamera auf die kleine Kulisse mit den beweglichen Figuren gerichtet. Auf dem Bildschirm ließ sich nun ein besonderer Effekt beobachten: Die Kulisse erschien lebensgroß, ebenso die Figuren. Die Helfer spielten nun mit ihren Figuren in verteilten Rollen verschiedene biblische Geschichten durch. Am Ende dieser Sequenz hatten alle Helfer einen vertieften und lebendigen Eindruck von den Geschichten erarbeitet. Einige von ihnen führten den Kindern im Gottesdienst sogar ihre "Produktionen" vor.   

2.2.2. Geladene technische Medien - Konserven

Bereits geladene technische Medien, also fertige Audio- oder Videobänder lassen sich viel seltener als kreative Medien nutzen. In manchen Fällen können sie allerdings als Anstoß zur kreativen Reflexion bestimmter Phänomene dienen.

Beispiel 29.: So lassen sich z.B. für die Auseinandersetzung mit Organisationskulturen, in die Supervisanden eingebunden sind, Filme über solche Phänomene verwenden (vgl. SCHREYÖGG, G. 1987, 1989). Die Supervisanden erhalten anhand des Filmaterials nicht nur einen strukturellen Zugang, sie erhalten auch anhand konkreter Beispiele Anregungen, wie sie ihre eigene Organisationskultur analysieren können.

Übungsaufgabe 24.: Sie können sich diese Filme (Unternehmenskultur I u. II) über die Fernuniversität ausleihen. Vielleicht haben Sie Lust, in Ihrer Diskussionsgruppe die Kultur-Beispiele zu diskutieren?

2.2. Materialmedien

Im Gegensatz zu technischen Medien lassen sich Materialmedien viel häufiger zur kreativen Verwendung nutzen. Sie wirken allerdings am Anfang für viele Supervisanden etwas "erstaunlich", weil Supervision im allgemeinen nur mit "Reden über" assoziiert wird. Deshalb müssen Supervisanden oft erst an die Verwendung von Materialmedien gewöhnt werden.

Aus Gründen einer "sukzessiven Gewöhnung" empfielt es sich, die verwendeten Medien sorgfältig nach ihrem Schwierigkeitsgrad zu staffeln.

Der "Schwierigkeitsgrad" eines Mediums bestimmt sich unabhängig von Vorlieben oder Abneigungen einzelner Personen nach zwei Gesichtspunkten:

- nach dem Grad der "Üblichkeit", d.h. wie häufig hantieren berufstätige Menschen in ihrer Lebenswelt normalerweise mit dem betreffenden Medium. Er bestimmt sich anderseits

- nach dem subjektiven Grad der Regression, d.h. als wie regressionsorientiert die eigene Ladung oder das Laden eines Mediums im allgemeinen erlebt wird.

Die nun zu beschreibenden Materialmedien sollen nach diesen beiden Kriterien sortiert beschrieben werden. 

2.2.1. Zeichen- und Malutensilien

Die meistens Menschen sind es gewöhnt, schnell eine Skizze auf ein Blatt Papier zu bringen. So ist es auch für die meisten Supervisanden keineswegs erstaunlich, wenn sie gebeten werden, mit einem Bleistift die formale Struktur ihrer Organisation aufzuzeichnen.

Als weniger selbstverständlich wird aber schon das Malen mit bunten Farbstiften oder gar mit Fingerfarben erlebt.

Beispiel 30.: In vielen Fällen äußern Supervisanden ein eher diffuses Unbehagen über ihren Arbeitsplatz. Dann ist es sinnvoll, sie zu bitten, ein "phänomenologisches Organigramm" (MASSARIK 1983) anzufertigen. In solchen Fällen malen sie, so wie es ihnen gefühlsmäßig zugänglich ist, zum Thema "ich in meiner Organisation." Verwendet werden dabei große Bögen von Papier und bunte Filzstifte, Wachsmalkreiden oder Fingerfarben. Am Ende der Malaktion deuten die Supervisanden das Bild im Dialog mit dem Supervisor aus. 

Solche Medienverwendung setzt bereits eine höhere Bereitschaft zur Regression voraus. Die meisten Menschen verbinden nämlich mit bunten Farbstiften und besonders mit Wasser-, Plaka- oder Fingerfarben "Kinderschmierereien" oder "Kunstunterricht" in der Schule.

Übungsaufgabe 25.: Besorgen Sie sich doch auch einmal Fingerfarben und malen in Ihrer Lerngruppe "ich in meiner Organisation". Versuchen Sie Ihre Werke gemeinsam auszuwerten.

Für die Arbeit mit feuchten Farben ist im allgemeinen ein höheres Maß an Muße notwendig, das nur bei zwei- oder drei-tägigen Supervisions-Workshops gegeben ist. Beim Einsatz dieser Medien haben auch viele Supervisanden die Befürchtung, ihre Kleidung zu beschmutzen, so daß es sich empfiehlt, sie auf die Verwendung solcher Medien eigens vorzubereiten.

Beispiel 31.: Die drei-tägige Supervisionssequenz eines Kinderheim-Teams wurde mit einem Teil der Mitarbeiter ausführlich vorbereitet. Dabei ging es nicht nur um die Ermittlung von Themen, wie die "Elternarbeit" oder die "Gruppenpädagogik", es ging auch um Fragen, welche Medien an dem Supervisionswochenende zum Einsatz kommen sollten. Die Erzieher interessierten sich für die Verwendung von Ton, Fingerfarben und Puppen. Sie beschlossen, die Medien zu besorgen und den bei der Planung nicht anwesenden KollegInnen wegen Kleidung und anderer, mitzubringender Utensilien Bescheid zu sagen.

Malutensilien lassen sich in der Supervision zur Auseinandersetzung mit Ist-Zuständen von einzelnen Menschen und von Kontexten nutzen. Sie werden aber auch häufig verwendet, wenn prozessuale Phänomene darzustellen sind. In diese Kategorie fallen alle "Panoramen". Bei Panoramen werden im allgemeinen verschiedene, bislang erlebte Stadien auf eine Tapetenrolle aufgemalt. So läßt sich ein gerelles "Arbeitspanorama" (Heinl et al. 1983), ein "Leistungspanorama", ein "Panorama der Organisationsgeschichte" usw. fertigen. Ein Panorama gibt dann den je individuell erlebten Entwicklungsprozeß der eigenen Leistungsgeschichte, der Berufsgeschichte, der Geschichte einer Organisation usw. wieder.

2.2.2. Bausteine, Magnetsteine

Bei bunten Bausteinen handelt es sich nun wieder um ein "sauberes Material". Aber gerade Bausteine werden von Supervisanden oft mit "Kinderkram" assoziiert. Ihr Einsatz ruft am Anfang meistens Staunen hervor. Sie eigenen sich aber ganz ausgezeichnet, um den strukturellen Ist-Zustand von Organisationen zu verdeutlichen.

Beispiel 32.: Bausteine sind immer die Medien der Wahl, um schnell eine Übersicht über formale Strukturen zu erlangen. Gerade strukturell nur schwer faßbare Systeme können mit Bausteinen als "flexible Organigramme" (SCHREYÖGG 1989) besonders gut dargestellt werden; denn Bausteine lassen sich ja während des supervisorischen Dialoges ständig verschieben. Häufig ist es auch relevant, die formale mit der informellen, "latenten" Struktur (SELVINI-PALAZZOLI et al. 1988) in Beziehung zu setzen. In solchen Fällen kann für die formale eine Farbe, etwa blau, und für die informelle eine andere, z.B. rot, verwendet werden. In vielen Fällen müssen auch innerorganisatorische Interessengegensätze bei Positionsinhabern ermittelt werden. Diese lassen sich ebenfalls mit Bausteinen farblich kenntlich machen.

Weniger regressionsgeladene Materialien sind Magnettafeln mit bunten Magnetplättchen. Sie finden wir heute in den meisten Büros zur Terminplanung usw. Sie erfüllen dieselben Zwecke wie bunte Bausteine und ihre Verwendung löst oft weniger Erstaunen aus.

Übungsaufgabe 26.: Schauen Sie sich bitte mal in dem Raum um, in dem Sie gerade sitzen, und überlegen Sie, welche Materialien Sie jetzt gerade für ein flexibles Organigramm verwenden könnten.

2.2.3. Puppen und andere Spielmaterialien

Auch Puppen und andere Spielmaterialien als "Anleihe aus dem Kinderzimmer" lassen sich gut für die Supervision verwenden.

Wie an dem eingangs beschriebenen Beispiel 10. demonstriert, lassen sich in vielen Fällen Kasperfiguren nutzen. Sie ermöglichen immer eine lustvolle Verfremdung von sozialen Situationen. So ist es für viele Supervisanden vergnüglich, sich mit ihrem Chef in der Rolle des Teufels auseinanderzusetzen und zu üben, wie sie sich ihm gegenüber Respekt verschaffen.

Weniger vorgeladene Medien stellen Stofftiere dar. Sie ermöglichen oft eine spielerische Auseinandersetzung mit Rollen und Komplementärrollen von Supervisanden.

Beispiel 33.: In einer Teamsupervision, die schon über ein Jahr gelaufen war und in der ein beträchtliches Maß an Vertrautheit bestand, legte ein Supervisor einen ganzen Sack voll verschiedener Stofftiere auf dem Boden aus und bat die Teilnehmer, sich das Tier auszusuchen, das sie am liebsten sein wollten. Danach sollten sie als Tiere in Beziehung treten. Es ergab sich nun eine Spielsequenz, während derer eine Vielzahl von Emotionen zutage traten. In einer anschließenden Gesprächsrunde deuteten die Teammitglieder das gemeinsam Erlebte aus und bezogen es auf ihren Teamalltag.

Übungsaufgabe 27.: Haben Sie in Ihrer Umgebung gerade ein oder mehr Stofftiere verfügbar? Versuchen Sie bitte mit diesem in einen imaginativen Dialog einzutreten. Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe, auf was Sie dabei gekommen sind.

Puppen, Stofftiere und sogar Bausteine enthält auch der Szeno-Test von STAABS. Es handelt sich dabei ursprünglich um ein projektives Testverfahren für Kinder. In einem Holzkasten sind eine Vielzahl von Materialien enthalten, die auf einer Magnetplatte zu verschiedensten Konfigurationen aufgebaut werden.

Beispiel 34.: In der Gruppensupervision stellte eine Supervisandin, die als Kindertherapeutin tätig war, ihre Arbeit mit einer Familie dar. Sie ordnete die Figuren so an, wie sie sie in ihrer letzten Sitzung erlebt hatte. An ihrem Arbeitsplatz in einer kindertherapeutischen Klinik war es üblich, daß einmal im Monat eine Therapiestunde mit der gesamten Familie stattfand. An der Darstellung fiel auf, daß der Vater in einem Liegestuhl gemütlich am Rande der Familie saß, während die Mutter mit ihren beiden Kindern im Zentrum des Geschehens auf einem Thron angeordnet war. Sich selbst hatte die Therapeutin in eine Ecke der Magnetplatte plaziert. Im Verlauf eines imaginativen Rollentausches mit dem Vater, mit der Mutter und den Kindern spürte die Supervisandin nun alle die relevanten Rollenerwartungen der Familienmitglieder an sich selbst auf. "Ich bleibe zu blaß für die Kindern", stellte sie erschreckt fest und bemerkte jetzt deutlich, wie sehr sie der überaktiven Mutter das Feld überlassen hatte. Als sie gebeten wurde, sich mehr ins Zentrum des Geschehens zu rücken, fühlte sie sich zunächst sehr unbehaglich, bemerkte aber nun anläßlich eines neuerlichen Rollentausches mit den Kindern, daß sie genau diese Unterstützung für sich wünschten. "Ach ja," meinte sie, "die Kinder möchten mich als Vorbild, wie man sich gegen die Mutter konstruktiv durchsetzen kann." Im weiteren arbeitete sie an dieser Möglichkeit.

Der Szeno-Test kann aber auch in der Teamsupervision eingesetzt werden. Hier läßt sich die Instruktion geben:" Baut doch mal Euer Team auf." Bauprozeß und -ergebnis fördern eine Vielzahl von Hinweisen auf die je spezifischen kooperativen Muster und Probleme eines Teams zutage.

2.2.4. Collagen

Für die Anfertigung von Collagen benötigen Supervisanden bunte Zeitschriften, Scheren und Klebstoff. Sie lassen sich in unterschiedlichsten Settings zu den unterschiedlichsten Themen anfertigen. Da ihre Herstellung einige Zeit in Anspruch nimmt, empfiehlt es sich, Supervisanden zu bitten, sie schon zuhause anzufertigen und dann in die Supervisionssitzung mitzubringen.

Beispiel 35.: Einen Supervisanden, der soeben die Leitung eines Tagungshauses übernommen hatte, beschäftigten seine unterschiedlichen Rollen in seiner Position. Da er häufiger mit kreativen Materialmedien hantierte, begeisterte er sich für die Idee, seine Rollenvielfalt in Form einer Collage darzustellen. In die nachfolgende Sitzung brachte er nun einen großen Bogen Pappe mit, auf dem er sich als Buddha mit vielen Armen darstellte. Jeder dieser Arme war ein breites Stoffband und enthielt am Ende ein Symbol, wie einen Kochtopf, einen Garten, eine Schreibmaschine usw. Manche Arme ragten weit über das Blatt hinaus und führten an ihrem Ende große oder kleine Häuser mit sich. "Das ist der Träger, die Heimaufsichtsbehörde und der Landschaftsverband." Er sortierte nun alle seine Rollen zu "Rollenbündeln". Am Ende der Sequenz hatte er sich nicht nur Übersicht über seine Rollenvielfalt verschafft, sondern auch vorstrukturiert, wie er sie in Zukunft zeitlich sinnvoller bündeln könne.

2.2.5. Ton

Ton wirkt als Medium für die Supervision zunächst eher ungewöhnlich, stellt es doch ein ausgesprochen regressionsförderndes Material dar. Bei gezielter Verwendung läßt sich aber gerade durch Arbeit mit Ton das "Untergründige", das rational nur schwer Faßbare erschließen. Tonarbeit bietet sich besonders bei solchen Supervisanden an, die schon an das Medium Ton gewöhnt sind und keiner Anleitung für seine Verwendung bedürfen.

Beispiel 36.: Ein Psychologe fragte um Supervision an, weil er die Situation an seinem Arbeitsplatz, eine drogentherapeutische, stationäre Einrichtung, als sehr enervierend erlebte. Er hatte bereits gekündigt, fürchtete aber nun in den noch verbleibenden drei Monaten immer mehr "Nerven zu lassen." Da er in der Verwendung kreativer Medien sehr erfahren war, schlug er vor, schon zur ersten Stunde eine Tonplastik mitzubringen, auf der er "ich in meiner Einrichtung" darstellen wollte. Auf seiner Platik stand in der Mitte eine große Figur, die von einer etwas kleineren umschlungen wurde. Diese kleinere bog sich an die größere hin und setzte ihre Füße auf die Köpfe von zwei untenliegenden Figuren. Im Verlauf einer gemeinsamen Ausdeutung, die vor allem im Rollentausch mit allen vier Figuren bestand, zeigte es sich, daß der Supervisand unterschiedliche Anteile von sich selbst dargestellt hatte, die er in seiner derzeitigen Berufssituation mehr oder weniger gut leben konnte. Die große Figur repräsentierte eine potente Vaterfigur, die ungerührt ihren Platz einnahm, der "Anhängermann" war ein "jämmerlicher Arschkriecher, der nach unten tritt" und die beiden Figuren unten stellten die "Getretenen" dar. Dem Supervisanden wurde anhand dieser Darstellung deutlich, daß er in seiner Einrichtung gerne eine potente Vaterfigur wäre. Da diese Rolle aber schon durch eine andere Person besetzt war, war er aufgrund seiner historischen Disposition, aber auch der Kultur des Systems laufend in Gefahr, die beiden anderen Positionen einzunehmen. Ihm wurde nun auch deutlich, weshalb er im letzten Jahr so stark an Selbstachtung eingebüßt hatte. Er erarbeitete nun, wie er in der verbleibenden Zeit seine Selbstachtung bewahren könne.

2.2.6. Musikinstrumente

Musikinstrumente werden in der Therapie schon länger verwendet (FROHNE-HAGEMANN 1990), in der Supervision wirken sie aber für die meistens Menschen noch gänzlich ungewöhnlich. Für manche Personen sind sie aber die Medien der Wahl, wenn es um die Darstellung von gefühlshaften Phänomenen am Arbeitsplatz geht.

Beispiel 37.: Ein Psychotherapeut, der in einem Kammerorchester Violine spielte und "einmal alle seine Klienten darstellen" wollte, akzentuierte deren Unterschiedlichkeit zunächst mithilfe seines Instrumentes. Differenzen in Tonlage und Rhythmus ergaben eine Vielzahl von Anhaltspunkten für sein Verhältnis zu den Klienten. Die instrumentell dargestellten Aspekte bildeten die Grundlage für weitere Auseinandersetzungen in der Supervision.

Viel häufiger lassen sich aber Instrumente und andere Klangkörper in einem gruppalen Rahmen verwenden, bei dem etwas mehr Zeit als gewöhnlich zur Verfügung steht.

Beispiel 38.: Im Verlauf der zweitägigen Teamsupervision einer Blindeneinrichtung, deren Mitarbeiter an die Arbeit mit Klangkörpern gewöhnt war, entwickelten die Mitarbeiter die Idee, sie wollten mal ausprobieren, wie gut "wir als "Orchester harmonieren." Sie holten Instrumente wie Xylophone, Glockenspiele, Flöten usw., aber auch andere Gegenstände zum Geräusche machen wie Topfdeckel, Löffel usw. Sie baten den Leiter als Dirigenten und begannen nun zu improvisieren. Bei dieser Sequenz erlebten sie nicht nur viel Freude an ihrer gemeinsamen "Arbeit", sie fanden nun auch "Ausreißer" oder "Tongeber" ihres Teams heraus.

2.2.7. Masken

Maskenarbeit erfreut sich in der Kreativitätstherapie heute großer Beliebtheit (WEIß 1990). In der Supervision ist ihre Verwendung derzeit noch kaum erprobt. Maskenarbeit kann aber die Auseinandersetzung mit Fragen fördern, inwieweit Menschen in unterschiedlichen beruflichen Zusammenhängen "natürliche Masken" tragen. Durch diese Arbeitsform läßt sich nämlich persönliche Verformung durch bestimmte berufliche Positionen sehr plastisch erarbeiten. Bau und Umgang mit Masken setzt allerdings immer einen breiteren zeitlichen Rahmen voraus. Und er erfordert eine hohe Bereitschaft von Supervisanden, das eigene Sosein infragezustellen.

Beispiel 39.: Im Rahmen eines ein-tägigen Supervisionsworkshop zum Thema "meine Maske im Beruf" wurden die Teilnehmer gebeten, eine Maske zu bauen, die ihr Erleben von sich selbst im Beruf möglichst plastisch wiedergibt. Als Grundmaterial wurden große weiße Tüten verwendet, die sich über den Kopf stülpen lassen. Auf diese konnten die Teilnehmer allerlei bunte Papiere, Zeitungsausschnitte, Wollfäden usw. aufgekleben. In einem zweiten Schritt sollten die Teilnehmer nun mit der fertigen Maske in einen inneren Dialog eintreten. Daran anschließend wurden sie gebeten, noch einmal eine Maske zu bauen, die ihrem Eindruck nach genau das Gegenteil der ersten verkörperte. Auch mit dieser Maske sollten sie in einen inneren Dialog eintreten. In einem dritten Schritt wurden nun die Teilnehmer angeleitet, ihre Masken aufzusetzen und auf einer provisorisch errichteten Bühne zu verkörpern. Sie stellten jeweils zuerst die eine, sodann die andere dar. Diese Spielsequenz erzeugte bei allen Beteiligten eine starke Bewegung über die Diskrepanz der beiden Maskendarstellungen. In einer anschließenden Auswertungssequenz ergaben sich eine Vielzahl von Themen, wie sich Menschen von ihrer beruflichen Situation verformen lassen und wie dem entgegenzuwirken ist.

Es sei allerdings angemerkt, daß es sich hierbei um eine Übung handelt, bei der intensive persönliche Gefühle evoziert werden. Aus diesem Grund sollte Maskenarbeit von Supervisoren sehr sorgsam begleitet werden.

2.2.8. Andere Materialien

Neben den bisher beschriebenen Materialien lassen sich natürlich auch viele andere, zum Teil völlig "trivial" erscheinende verwenden. Entscheidend für ihren Einsatz ist immer das Supervisionsziel. Im Prinzip sollen sie nämlich immer der Verlebendigung und intensiven Vergegenwärtigung von Erfahrungen dienen. Hier sind der Kreativität von Supervisoren keine Grenzen gesetzt.

Beispiel 40.: So läßt sich zur Präzisierung von Interaktionsphänomenen in Teams ein Wollknäuel verwenden, das jeder Supervisand jedem anderen, den er anspricht hinüberwirft. Nach einiger Zeit ist das Team mit einem charakteristischen Netz überzogen, das eine für alle sichtbare Interaktionsstruktur wiederspiegelt.

Beispiel 41.: Ein anderes Beispiel für die kreative Verwendung von trivialen Materialien stellt "Kartoffelschälen" dar. Im Verlauf des Supervisionsworkshops eines Unternehmens beklagten Mitarbeiter aus der Verwaltungsabteilung die "permanente Hetze" in der Firma. Die Klagen wurden aber eher emotionslos vorgetragen, so daß die Supervisorin nach einer Form der Verlebendigung suchte. Sie bat Mitarbeiter des Tagungshotels, in dem der Workshop stattfand, einen vollen Eimer mit Kartoffeln und möglichst viele Kartoffelschälmesser zu bringen. Nun schlug sie dem Abteilungsleiter vor, den "Antreiber" zu spielen. Er sollte die übrigen Gruppenmitglieder, die nun alle Kartoffeln schälten, zu mehr Eile veranlassen. Bei dieser Sequenz wurde für alle Beteiligten deutlich spürbar, zu welch vielfältigen psychischen und somatischen Symptomen sie durch die Haltung des Abteilungsleiters gelangten. Er selbst war nun äußerst betroffen, zumal sich deutlich zeigte, daß die Antreiberei für die Qualität und sogar die Geschwindigkeit eher gegenläufige Effekte erbrachte.

Übungsaufgabe 28.: Überlegen Sie bitte einen Moment, welche Gegenstände oder Gerätschaften man noch verwenden könnte, um die Wirkungen von Stress auszutesten.

3. Zur Deutung kreativer Medienarbeit

Angesichts all dieser vielen Medienverwendungen stellt sich nun als zentrale Frage, wie geladene Medien in der Supervision ausgedeutet werden sollen.

An dieser Stelle folgt die Integrative Supervision dem Muster gestalttherapeutischer Traumdeutungen (PERLS 1969) Dabei sind folgende Aspekte relevant:

* Jede Produktion, sei es ein Traum oder ein gemaltes Bild wird als Teil des Menschen betrachtet, der den Traum oder das Bild produziert hat. Auch bei einzelnen Elementen eines Bildes oder einer Tonplastik geht man davon aus, daß sie personale Anteile dieses einen Menschen darstellen. PERLS postulierte, daß in Träumen oder in anderen kreativen Produktionen Botschaften für den Kreator enthalten sind, die er sich selbst erschließen muß.

Ähnliche Positionen finden wir schon in der klassischen Psychoanalyse, wonach alle gegenständlichen und nicht-gegenständlichen Produktionen als "Projektionen" eines jeweiligen Menschen begriffen werden. Und damit gelten sie auch hier als Teile von ihm selbst.

Übungsaufgabe 29.: Einigen Sie sich bitte in Ihrer Lerngruppe auf eine Bildvorlage, vielleicht ein Bild an der Wand, und schreiben Sie jeder ohne miteinander zu reden eine kleine Kurzgeschichte zu diesem Bild. Vergleichen Sie danach die Geschichten und untersuchen Sie, welchen Bezug die jeweilige Geschichte zu ihrem "Kreator" hat.

* Eine grundlegende Prämisse Integrativer Supervision ist, daß Fremddeutungen, also Deutungen durch den Supervisor oder durch Mitsupervisanden, nicht akzeptabel sind. Anders nämlich als in der Psychoanalyse, wo im Stile der FREUDschen Traumdeutung bestimmten Symbolen oder Farben bestimmte Deutungen zugeordnet werden, muß in diesem Supervisionsansatz jede Deutung durch den Supervisanden selbst erkundet werden.

Beispiel 42.: So gilt es etwa in der Integrativen Supervision als unerwünscht, wenn Supervisoren oder Mitsupervisanden auf Anhieb auf den Bildern anderer längliche Gegenstände als "Penis" und runde als "Vagina" interpretieren. Supervisoren sollten in diesen Fällen sofort mit dem Hinweis intervenieren, daß ein anderer Mensch nie die Bedeutung eines Symbols kennen kann, welche der Kreator ihm selbst zuerkennt.

Es sei daran erinnert, daß die Integrative Supervision auf einem phänomenologischen Meta-Modell aufruht. Danach werden alle Welterfahrungen als subjektiv betrachtet und jedes Erkennen als ein subjektiver Vorgang. So kann ein Mensch letztlich niemals genau wissen, was ein anderer beim Malen eines Bildes erlebt oder sich gedacht hat.

Übungsaufgabe 30.: Stellen Sie sich in Ihrer Lerngruppe bitte alle eine Kuh vor und schreiben Sie zunächst auf ein Blatt Papier, welche Eigenschaften Sie einer Kuh zuerkennen. Untersuchen Sie anschließend die Unterschiede in ihren Zuschreibungen.

* Die Ausdeutung von Produktionen erfolgt dann im Dialog. Der Supervisor hat dabei lediglich eine strukturierende, nicht eine deutende Funktion. Es ist seine Aufgabe, den Supervisanden bei eigenen Ausdeutungen zu unterstützen.

* Diese Deutungen sollen aber nicht von der Erfahrung losgelöste Abstraktionen darstellen, sondern mit dem Erleben des Supervisanden verbunden sein. Hier ist es sinnvoll, den Supervisanden anzuleiten, daß er sich mit bestimmten Teilen seiner Produktion identifiziert oder mit der Produktion im Ganzen. Der Supervisand kann auch um einen Dialog mit seiner Produktion oder mit Teilen von ihr gebeten werden. Das Erleben aus der Identifikation oder aus dem Dialog teilt der Supervisand dem Supervisor mit, dieser versucht die Mitteilungen zu strukturieren und entwickelt weitere Interventionen usw. Der Dialog zwischen Supervisor und Supervisand dauert solange, bis der Supervisand "seine" je spezifische Botschaft aus seinem "Werk" gefunden hat.

* Im Verlauf eines solchen Dialogprozeß bringt allerdings auch der Supervisor seine Eindrücke ins Gespräch ein. Seine Statements sind aber keine distanzierten Deutungen sondern gefühlshafte Assoziationen, die primär aus der Identifikation mit dem Supervisanden erfolgen. Der Supervisor fungiert hierbei als kreatives "Personalmedium." Diese Funktion kann er allerdings nur dann realisieren, wenn sein Interaktionsstil eine flexible Balance zwischen Direktivität/Nondirektivität und Zurückhaltung/Echtheit aufweist.

Anhand des nachfolgenden Beispiels soll ein derartiger Ausdeutungsprozeß deutlich werden:

Beispiel 43.: Im Beispiel 36. wurde schon von einer Tonplastik berichtet, die ein Psychologe in die Supervision mitgebrachte. Als Vorinformationen gab er schon telephonisch an, daß er seinen Arbeitsplatz gekündigt hatte, weil er sich bereits seit zwei Jahren sehr unwohl fühlte. Er wolle nun herausarbeiten, warum das so gewesen sei und wie er die letzten Monate an dem Arbeitsplatz konstruktiver für sich nutzen könne.

Ich bat ihn zunächst die Tonplastik im Ganzen anzusehen und seinen Eindruck zu schildern. Er meinte: "Unangenehm, bedrängend, irgendwie so unfrei." Ich sagte: "Mich erinnert das an eine Laokoon-Gruppe." Supervisand: "Ja, scheußlich, aber hier sind ja nicht einmal Schlangen dabei." Er schüttelte sich etwas und setzte hinzu, "da sind sogar die Schlangen weggekrochen, weil es hier nichts zu beißen gibt." Ich bat den Supervisanden nun die zentrale Figur der Plastik zu "sein", bzw. diese Position einmal leiblich auszuspüren. Der Supervisand stellte sich sehr gerade auf und pumpte nach Luft, als wollte er den gesamten Raum ausfüllen. "Ich bin mächtig," kam es tief aus seiner Brust, "um mich dreht sich alles, aber ich lasse nicht wirklich an mich ran." Jetzt fiel mir auch auf, daß die Zentralfigur der Plastik den linken Arm vor die Brust hielt, so daß die andere, die sich anhängende Figur sich nicht an die Brust legen konnte. "Du meine Güte", der Supervisand setzte sich wieder, "das ist ja entsetzlich anstrengend, aber es ist auch toll, so mächtig zu sein". Jetzt bemerkte er, "ja, so wäre ich gerne in der Einrichtung gewesen, aber die haben mich nicht so sein lassen." Ich bat ihn nun, die Figur zu verkörpern, die sich an die Zentralfigur anhängte. "So kann ich mich gar nicht halten", meinte der Supervisand. "Als diese Figur habe ich keine Mitte." Ich schlug zur Verkörperung dieser Figur vor, sich am Türstock festzuhalten. "Entsetzlich, völlig verdreht bin ich, so fühle ich mich meistens." "Und Deine Füße", meinte ich, "die auf den Gesichtern der beiden unten liegen?" "Das ist mir ganz egal, ich muß mich ja irgendwie halten", antwortete der Supervisand. "Darum kann ich mich nicht mehr kümmern, die müssen selbst schauen, wo sie bleiben." "Das ist bei uns auch so, jeder muß für sich selbst sorgen." Nun bat ich den Supervisanden eine der unten liegenden Figuren zu verkörpern. Er legte sich dazu eingerollt auf den Teppichboden und begann schwer zu schnaufen. "Das ist ja irre," stöhnte er, "ich fühle mich verdammt zu dieser Position, ich kann gar nicht anders als so zu liegen." Der Supervisand stand nun langsam wieder auf setzte sich auf seinen Stuhl und sah bekümmert vor sich hin.

"Was erleben Sie denn jetzt," fragte ich. "Jede Figur ist ungesund, keine ist authentisch, der eine bläst sich auf, die anderen krümmen sich um ihn herum." "Kommt Ihnen das bekannt vor," fragte ich. "Oje, so war das schon in meiner Therapieausbildung und die meisten in der Drogeneinrichtung sind ja von dort." Er erzählte nun ausführlich, wie sich auch dort alles um einen "scheinpotenten" Leiter gedreht hatte. Nach einigen Jahren Zugehörigkeit hatte er sich deshalb auch aus dem Ausbildungssystem zurückgezogen. Nun fiel dem Supervisanden ein, daß sein Vater in der Familie auch immer so eine "Scheinpotenz" zur Schau getragen hatte. Der Klient und seine drei Brüder mußten immer nach seiner Pfeife tanzen. Er berichtete nun, daß er sich nach Ablösung aus seiner Familie dem Therapieausbildungssystem zugesellt hatte und dadurch in der Drogeneinrichtung gelandet war. "Das sind ja alles strukturgleiche Milieus", stellte er nun entsetzt fest. Ich sagte, "das scheinen alles hoch-rivalisierende Männergruppen zu sein." Dem Supervisanden fiel es nun wie Schuppen von den Augen und er stöhnte, "ich habe immer versucht "mitzumischen". Alle meine Handlungen waren nur Reaktionen. Deshalb habe ich mich im Verlauf meiner letzten beiden Berufsjahre auch immer bodenloser gefühlt, obwohl ich doch meinte, mich vom Vater und dem Therapiesystem emanzipiert zu haben." Der Supervisand wirkte nun erleichtert. "Ich glaube, ich muß einfach mir selbst treu bleiben und diesen albernen Rivalitätsclinch nicht mehr mitmachen," war sein abschließender Kommentar.

 

Literaturhinweise

Literatur zur Verwendung kreativer Medien in der Psychotherapie

Petzold, H., Orth, I. (Hrsg.), Die neuen Kreativitätstherapien, Handbuch der Kunsttherapie, Bd. I u. II., Junfermann, Paderborn 1990

Literatur zu Panoramen in der Arbeitswelt

Heinl, H., Petzold, H., Fallenstein, A., Das Arbeitspanorama, in: Petzold, H., Heinl, H. (Hrsg.), Psychotherapie und Arbeitswelt, Junfermann, Paderborn 1983

Literatur zur Verwendung kreativer Medien in der Teamsupervision

Schreyögg, A., Die Supervision therapeutischer Arbeit in Organisationen, in: Integrative Therapie 3-4/1989, S.1-24