Supervision Studienheft EURO-FH

Einleitung

Dieses Studienheft widmet sich der Supervision als berufsbezogener Beratungsform. Es enthält vier Kapitel: Im ersten wird die Gegenstandsentwicklung von Supervision dargestellt, im zweiten die Konstruktion und die Inhalte des vorliegenden Supervisionsmodells, das dritte Kapitel ist der Methodik und dem Prozess des Modells gewidmet. Das vierte Kapitel thematisiert die Gruppensupervision.

Im ersten Kapitel wird also die Entwicklung dessen aufgerollt, was wir heute in weiten Teilen des sozialen Dienstleistungsbereichs als „Supervision“ bezeichnen. Dabei ist bedeutsam, dass sie sich über drei Phasen zu ihrer heutigen Form entwickelt hat: (1) von einer rein administrativen Phase (2) über eine psychologische Phase und über (3) eine soziologische Phase gelangte die Supervision zu ihrer heutigen Form.
Ausgehend von dem sozialen und wirtschaftlichen Elend in US-amerikanischen Großstädten der 1860er-Jahre und ihren ehrenamtlichen Helfermilieus wurde nicht nur die Supervision, sondern auch die Fachdisziplin der Sozialarbeit geboren. Was ursprünglich nur als administrative Koordinations- bzw. Führungsfunktion von Volunteers begann, mauserte sich durch den Einfluss psychotherapeutischer Ansätze als „Clinical Supervision“ zu einem veritablen Beratungsformat in professionellen Kontexten. Dadurch kamen neben sachlichen, rein rationalen Themen zunehmend auch prärationale bzw. eher unbewusste Aspekte der zu beratenden Professionellen zur Sprache.
Im deutschen Sprachraum erweiterte man das ursprüngliche dyadische Arzt-Patient-Modell durch soziologische bzw. systemische Aspekte, zumal die Supervision nun auch in Mehrpersonensettings und in unterschiedlichen Kontexten praktiziert wurde. Diese Kontexte weisen bis heute unterschiedliche Institutionalisierungsgrade auf: Neben der Supervision von Ehrenamtlichen durch Ehrenamtliche, die unverbindlich bleibt, also jederzeit von beiden Seiten wieder beendet werden kann, finden wir bspw. Supervision von Mitarbeitern durch Vorgesetzte mit einem hohen Grad an Verbindlichkeit, was auch ein hohes formales Kontrollmoment enthält.

Im zweiten Kapitel geht es um das hier zu lehrende Supervisionsmodell und seine sogenannte „Konstruktion“ (also: Entwicklung und Zusammensetzung). Dabei wird betont, dass in der Supervision schier unendlich viele Fragestellungen in unendlich vielen Konstellationen anfallen, die mit einer Vielzahl von Theorien zu erfassen und mit einer Vielzahl von Methoden zu bearbeiten sind. Daraus folgt, dass eine Modellkonstruktion für die Supervision theorie- und methodenplural angelegt sein muss. In Analogie zu theorie- und methodenpluralen Modellen in der Psychotherapie wird auch hier für eine integrative Modellkonstruktion plädiert: Integrationsmodelle sind Modellkonstruktionen, bei denen eine spezifische Wissensstruktur unterlegt ist. Ein Metamodell mit anthropologischen und erkenntnistheoretischen Prämissen bildet den normativen Bezugsrahmen, dem sich alle angewandten Theorien und alle Methoden unterordnen müssen. Diese Wissensstruktur wird dann in ihren wesentlichen Elementen skizziert. Das sind das Metamodell, die Theorieebene, die supervisionstheoretische Ebene und die Methodik mit ihren prozessualen Anweisungen. Alle Elemente stehen in einem engen Zusammenhang und bedingen einander.

Das dritte Kapitel ist der Methodik und dem Prozess der Supervision gewidmet. Basis jeder supervisorischen Auseinandersetzung ist der rationale Dialog. Für die Bearbeitung unterschwelliger oder gar prärationaler Phänomene muss aber auf psychotherapienahe Methodik zurückgegriffen werden. Dafür eignen sich besonders dramatherapeutische Verfahren wie die Gestalttherapie und das Psychodrama. Diese Verfahren sind besonders deshalb geeignet, weil sie vielfältige Phänomene jenseits des Sprachlichen zu thematisieren vermögen, sie eigenen sich auch aufgrund ihrer unterlegten Anthropologie. Sie erscheinen insgesamt kompatibel mit dem Metamodell. Neben diesen methodischen Möglichkeiten erweisen sich Medien, dabei besonders kreative Medien wie Malstifte oder Bausteine, als hilfreich, um gruppale oder organisatorische Konstellationen kenntlich und leichter verstehbar zu machen. Anschließend wird der supervisorische Prozess mit seinen vier Stufen dargestellt.

Im vierten Kapitel wird die Gruppensupervision thematisiert und zunächst ihre Charakteristika benannt. Wesentlich ist hierbei, dass sie von der Teamsupervision als Supervision einer organisatorischen Einheit abgegrenzt wird. Bei der Gruppensupervision handelt es sich dagegen um ein gruppales System, das aus Menschen mit unterschiedlichen Arbeitsplätzen besteht. Nach solchen Präzisierungen werden zwei bislang bekannte Gruppensupervisionsmodelle, das von Balint und das von Cohn, vorgestellt und kritisch gewürdigt. Daran anschließend wird das eingangs beschriebene Integrationsmodell in seiner Anwendungsweise für die Gruppensupervision dargestellt.

Den Abschluss bildet ein ausführliches Beispiel von Gruppensupervision.

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