Erschienen in: Schreyögg, A., Lehmeier, H. (2003): Personalentwicklung in der Schule. Bonn: Verlag f. Psychologie, S. 13-31.
1. Kapitel
Personalentwicklung – was ist das
Astrid Schreyögg
Personalentwicklung (PE) ist ein Teilbereich des Personalmanagements. Beim Personalmanagement handelt es sich um eine Managementfunktion, die sich mit Personalbelangen befasst wie der Besetzung von Stellen in Organisationen , der zielgerechten Leistungserstellung, der Personalbeurteilung, der Bezahlung – und eben der Entwicklung des Personals. Um was geht es aber nun genau bei dieser Entwicklung des Personals, also bei der Personalentwicklung?
1. Die historische Genese der Personalentwicklung
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schrieb man Personalaufgaben insgesamt noch wenig Bedeutung zu. Da ging es lediglich um die Personalverwaltung, d.h. um die Anstellung von Mitarbeitern und ihre Entlassung mit den entsprechenden Vertragsvorgängen sowie um die Besoldung mit den entsprechenden Berechnungen. Diese Tätigkeiten wurden in der Regel an untergeordnete Verwaltungskräfte delegiert. Das änderte sich aber spürbar mit einer Zunahme der Komplexität personeller Belange, die in Veränderungen des Arbeitsrechts, in Veränderungen der Produktionsbedingungen und nicht zuletzt durch Auftauchen der Human Relations Bewegung in einer veränderten Haltung gegenüber Mitarbeitern bestanden. Im Verlauf der 50er und 60er Jahre wurden Personalaufgaben, insbesondere in großen Firmen, in eigens dafür ins Leben gerufene Abteilungen, die sogenannten Personalabteilungen, verlagert. Zwar behielt jede Führungskraft bestimmte Personalaufgaben wie etwa die zielgerechte Einarbeitung neuer Mitarbeiter und ihre Beurteilung in eigener Regie, die Personalabteilung stellte aber nun als „Stabsstelle“ unterstützende Maßnahmen etwa zur Personalauswahl bereit, um Führungskräfte von ihren Personalfunktionen zu entlasten. De facto beschränkten sich allerdings viele dieser Personalabteilungen bis weit in die 60er Jahre hinein noch auf die Personalverwaltung (Steinmann & Schreyögg, G. 2000). Heute lässt sich eine Tendenz beobachten, den gesamten Personalbereich strategisch auszurichten, d.h. personelle Belange in unmittelbarer Korrespondenz zu den anvisierten Unternehmenszielen zu regeln. Die erhöhten Ansprüche an Unternehmen zwingen auch dazu, alle Personalfragen differenzierter als früher anzugehen. Das Personalwesen hat heute prinzipiell an Gewicht gewonnen, weshalb manche Personalfunktion sogar von den Stäben wieder in die Linie zurück geholt wurde. Vereinfacht gesagt: Manche Topmanager wählen sich heute ihre Assistenten wieder selbst aus anstatt die Personalabteilung damit zu betrauen (Metz 1995).
1.1. Der Stellenwert im Management
Erst im Verlauf der 70er Jahre, im Zuge der Human Resource Bewegung, als man sich mit der besonderen Bedeutung organisatorischer Strukturen für Menschen beschäftigte (Argyris 1975), aber auch mit der Bedeutung der Menschen für Organisationen und ihren Erfolg, entstanden die ersten Formen der Personalentwicklung. Zuerst kursierte noch der Begriff „Weiterbildung“, weil die Mehrzahl aller PE-Maßnahmen Weiterbildungscharakter hatten. In den 80er Jahren tauchte aber der Begriff „Personalentwicklung“ immer häufiger auf mit immer vielfältigeren Instrumenten. Außerdem wurde er nun zunehmend auf alle Hierarchie-Ebenen bezogen. Jetzt erhielt die Personalentwicklung in den Unternehmen auch immer mehr an Bedeutung (Hanft 1998). Zentral für diese Neuorientierung waren turbulente technische und wirtschaftliche Entwicklungen, weshalb die Mitarbeiter auch neue Qualifikationen erwerben mussten. Jetzt wurden auch neue Formen der Karriereplanung und der Nachwuchsförderung notwendig (ebenda 1998).
In den 80er Jahren orientierte man sich noch an einem traditionellen Schema, wonach auf eine Planung des Fortbildungsbedarfs, eine Phase der Durchführung und zuletzt ein Stadium der Kontrolle folgte. Dabei kam der Personalbedarfsplanung eine besondere Bedeutung zu. Man versuchte ausgehend vom Status quo zu eruieren, wie viele Mitarbeiter mit welchem Qualifikationsniveau in einem kommenden Zeitraum benötigt würden (Berthel 1989). Zu diesem Zweck entwickelte man eignungsdiagnostische Verfahren wie Assessmentcenter und Beurteilungssysteme, um den besonderen Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiterschaft zu ermitteln. Im Verlauf der 90er Jahre versuchte man besonders in großen Firmen den Qualifizierungsbedarf unmittelbarer zu befriedigen und entwickelte besondere Programme für die Nachwuchsförderung.
Weiterbildungsveranstaltungen bildeten allerdings nach wie vor einen Schwerpunkt. Sie wurden vielfach punktuell organisiert und von externen Lehrkräften durchgeführt. Da sich der Transfer in die Praxis oft als unzureichend erwies, ging man zunehmend dazu über, eher prozessuale als punktuelle Veranstaltungen durchzuführen. Heute legt man gesteigerten Wert auf Dokumentation und Evaluation dieser Veranstaltungen. Wie Hanft (1998) allerdings anmerkt, hinkt die betriebliche Realität der Wissenschaft, d.h. den von Wissenschaftlern entwickelten Konzepten oft weit hinterher.
Zwar nahmen Wirtschaftsorganisationen in diesem Bereich prinzipiell eine Vorreiter- und Modellfunktion ein, Personalentwicklung mit den entsprechenden Abteilungen erlangte in den letzten Jahren aber auch in Behörden und sozialen Dienstleistungssystemen zunehmende Bedeutung. Wir finden heute bei Bundes- oder Landesbehörden sowie bei kirchlichen Trägern oft breit angelegte Programme zur Entwicklung des Personals. Es sei aber bereits an dieser Stelle betont, dass sich nur große Systeme eine eigene PE-Abteilung leisten oder leisten können. Kleinere Organisationen wie etwa Handwerksbetriebe sind, wenn sie überhaupt Personalentwicklung betreiben, auf eigens dafür spezialisierte Firmen angewiesen. Anders gesagt, viele Organisationen kaufen Maßnahmen der Personalentwicklung von externen Anbietern ein.
1.2. Das Verhältnis der Personalentwicklung (PE) zur Organisationsentwicklung (OE)
In traditionellen Systemen steht bei der Personalentwicklung nach wie vor der punktuelle Wissenserwerb im Vordergrund. Im Gegensatz dazu fordern führende Personalspezialisten aus dem Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie (z.B. Neuberger 1994) und aus dem Bereich der Personalwirtschaft (Staehle 1999, Oechsler 2000, Scholz 2000 u.a.), alle Maßnahmen der Personalentwicklung unter strategischen Gesichtspunkten zu begreifen. Das bedeutet, sie sind verstärkt unter dem Aspekt der Organisationsentwicklung und des generellen organisatorischen Lernens zu planen und durchzuführen. So fordert etwa Staehle (ebenda 1999), dass alle Maßnahmen der PE und der OE aufeinander bezogen sein sollten bzw. miteinander zu verknüpfen sind. Ohne flankierende PE-Maßnahmen könne Organisationsentwicklung im Sinne eines geplanten organisatorischen Wandels nicht erfolgreich sein, und umgekehrt könne auch PE ohne strukturelle Maßnahmen im Sinne von OE nicht greifen. Man stelle sich ein Unternehmen vor, in dem das Topmanagement beschließt, neue, sehr hochwertige Produkte herzustellen und das Personal überhaupt nicht entsprechend beschult ist. Umgekehrt ist es auch Unsinn, Mitarbeiter aufwändig zu beschulen und sie dann im weiteren auf Arbeitsplätzen mit Routineaufgaben „sitzen zu lassen“.
Lediglich in Großunternehmen, vor allem in der Automobilindustrie wie bei Audi oder Daimler, wurde es ab Mitte der 80er Jahre üblich, alle Personalbelange, so auch die Personalentwicklung, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der generellen Unternehmensentwicklung zu gestalten. Als „interaktive Strategieentwicklung“ wurden nun Changeprozesse diskutiert, bei denen zu allen organisatorischen Korrekturen von den Personalabteilungen sofort Personalentwicklungsmaßnahmen konzipiert und durchgeführt wurden. Und bei denen umgekehrt aus Personalentwicklungsmaßnahmen, insbesondere des gehobenen Managements, rasch wieder organisatorische Innovationen resultierten (Staehle 1999).
2. Der Gegenstand der Personalentwicklung
Wenn man den Gegenstand der Personalentwicklung genauer beschreiben will, bietet es sich an, den Begriff in seine beiden Bestandteile zu zerlegen, also in „Personal“ und in „Entwicklung“ (vgl. Neuberger 1994).
2.1. Was heißt hier „Personal“
Bei „Personal“ handelt es sich um einen Sammelbegriff. Er bezeichnet die Gesamtheit der Arbeitskräfte einer Organisation. Als synonyme Begriffe werden verwendet: „Belegschaft“, „der menschliche Faktor“ oder „Human Capitel“. Wie besonders Neuberger (1994) betont, besagt der Begriff „Personal“, dass hier Menschen ohne Ansehen der jeweiligen Person als Produktionsfaktor begriffen werden.. In diesem Sinn haben sie wie der Produktionsfaktor „Maschine“ der Ziererreichung eines organisatorischen Systems zu dienen. Und wie verschiedene Rationalisierungsschübe seit der Frühindustrialisierung belegen, mussten Menschen vielfach sogar mit Maschinen konkurrieren. Sie haben den Wettstreit häufig verloren, weil sie im Laufe der Zeit immer teurer wurden und weil sie - anders als Maschinen - über „Eigensinn und Eigenwert“ verfügen. Sie sind nämlich in der Lage, sich dem kontrollierenden Zugriff einer Firma jederzeit zu entziehen. Im Konfliktfall können sie jedenfalls geltend machen, dass sich ein Unternehmen nicht im Sinne von „Sozialkannibalismus“ (ebenda 1994, 10) den ganzen Menschen aneignen kann, sondern im Prinzip nur einen Ausschnitt aus seinem Arbeitsvermögen.
Heute im Zeitalter des Wissensmanagements (Walger, Schenking 2000) spielt allerdings der Mensch als Produktionsfaktor eine zunehmend größere Rolle. Man kann behaupten, dass immer mehr Routinearbeiten von Maschinen übernommen wurden, so dass für Menschen fast nur noch anspruchsvolle Tätigkeiten übrig blieben. Diese verlangen ihnen hohe Kompetenzen und vor allem hohe Grade an Lernbereitschaft und Lernfähigkeit ab. Von einem Unternehmen, das über ein gut ausgebildetes, gut fortentwickeltes und lernbereites Personal verfügt, wird deshalb angenommen, dass es einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen hat. So stellt es umgekehrt bei Akquisitionen, also bei Firmenübernahmen, eine enorme Bedrohung dar, wenn viele gut ausgebildete Mitarbeiter die Firma von sich aus verlassen. Dem Käufer bleibt dann häufig nur noch eine leere Hülle. Das Wissen eines Unternehmens, das sich über Jahre und vielleicht sogar über Jahrzehnte angesammelt hat, ist dann unwiederbringlich abgeflossen.
2.2. Was heißt hier „Entwicklung“
Aus dem Bisherigen wird schon deutlich, dass es sich bei Personalentwicklung nicht um individuelle Entwicklungsprozesse um ihrer selbst willen handelt, also um „Personen-Entwicklung“, sondern um zielgerichtete, betrieblich verwertbare Prozesse. Personalentwicklung zielt im weitesten Sinn auf Veränderungen. Im einzelnen will sie Menschen an betriebliche Erfordernisse anpassen, will sie entsprechend modellieren, will ihr Wissen passgerecht transformieren und sie für die Zwecke der Organisation bilden. Dabei ist ein doppelter Transformationsprozess zu leisten:
• Arbeitskräfte müssen zu Personal werden, um sich ins Gesamtensemble der Belegschaft zu integrieren,
• und dieses Personal bzw. diese Belegschaft muss zu einer entsprechenden Arbeitsleistung veranlasst werden (Neuberger 1994, 14).
So sollen durch Personalentwicklung also gut funktionierende Funktionsträger „herangezüchtet“ werden. Da es sich aber bei Menschen im Gegensatz zu Maschinen um ein „sperriges“, eigensinniges Produktionsmittel handelt, das man nicht beliebig manipulieren kann, meldet sich immer wieder der Mensch im Funktionsträger. Wenn Personalentwicklung gelingen soll, ist deshalb auch dem Menschen im Funktionsträger Rechnung zu tragen. So ist es sinnvoll und sogar notwendig, einerseits die Eigendynamik des Personals durch innerbetriebliche Regeln zu begrenzen. Es ist aber gleichzeitig wichtig, die menschliche Eigendynamik im betrieblichen Ensemble zu beantworten. Vereinfacht gesagt, Maßnahmen der Personalentwicklung sind im Prinzip erst dann von Erfolg gekrönt, wenn sich neben den Funktionsträgern auch die jeweiligen Menschen mit ihren Interessen, Ansprüchen und Bedürfnissen angesprochen fühlen.
„Entwicklung“ wird allerdings im Bereich betrieblicher Personalentwicklung auf mindestens dreifache Weise interpretiert (vgl. ebenda 1994, 39 f):
• als „rationales Lückenmanagement“,
• als Durchlaufen bestimmter Phasen und
• als Anstoß zur Selbstentwicklung.
(1) Entwicklung der PE im Sinne eines rationalen Lückenmanagements finden wir dort, wo begrenzte und relativ einfache Handlungen erlernt werden sollen, die bislang noch nicht erlernt worden sind oder erlernt werden konnten etwa bei der Einführung neuer Fertigungstechnologien (vgl. Stramitz 1978). Solche PE-Strategien basieren auf einer Machbarkeitsidee, dass nämlich im Falle neuer betrieblicher Vorgänge Neues erlernt werden muss, um Defizite zwischen Ist- und Soll-Zustand auszugleichen. Bei solchen PE-Maßnahmen, die sich äußerlich als Weiterbildungen präsentieren, wird im allgemeinen nach einem spezifischen Schema verfahren:
a. Es werden möglichst präzise Ziele definiert
b. Die Lernsituation wird möglichst präzise umrissen.
c. Die Erfolgskontrolle wird möglichst klar operrationalisiert.
d. Verstärker wie z.B. Höhergruppierungen werden genau festgelegt.
e. Inhaltlich geht es hier regelmäßig um die Vermittlung von Wissen oder Fertigkeiten (Neuberger 1994).
(2) Entwicklung in der PE, die als „Durchlaufen von Phasen“ verstanden wird, finden wir
a. bei Karriereentwicklungen, etwa bei der Vorbereitung auf „zukünftige neue, schwierigere, in der Unternehmenshierarchie höherwertigere Aufgaben“ (Stramitz 1978, 102),
b. bei der Wiedereingliederung von Müttern nach der Kinderphase (Friedel-Howe 1993),
c. bei Teamentwicklungen bzw. bei der Förderung von Teams (Comelli 1985),
d. bei der Vorbereitung auf die Pensionierung (Reimann 1993) und
e. bei sich automatisch vollziehenden organisatorischen Entwicklungen von einer Pionierphase zu einer Reifephase (vgl. ausführliche Modelldarstellungen bei Türk 1989).
(3) Entwicklung wird in PE-Konzepten außerdem als Anstoß zur Selbstorganisation betrachtet. In diese Kategorie gehören beispielsweise
a. Anstöße zur fachlichen Fortentwicklung von Mitarbeitern, wie sie durch Supervision intendiert sind, und
b. Anstöße zur fachlichen Fortentwicklung von Führungskräften, wie man sie durch Coaching anstrebt.
3. Inhaltliche Ansatzpunkte der Personalentwicklung
Als inhaltliche Ansatzpunkte der Personalentwicklung werden im Anschluss an Neuberger (1994) bei den meisten einschlägigen Autoren (vgl. Drumm1992; Staehle 1999; Scholz 2000; Oechsler 2000 u.a.) drei Zugänge beschrieben:
• personale Zugänge, also Modifikationen an der Person,
• interpersonale Zugänge, also Veränderungen an den Beziehungen von Gruppen oder Teams und
• apersonale Zugänge, also Korrekturen an den Parametern der Organisation.
3.1. Personale Zugänge
Inhalte, die sich auf den Einzelnen richten, implizieren immer einen Doppelaspekt. Sie beziehen sich auf die Person als
• soziales Objekt im Sinne eines Funktionsträgers, der in einem formalen System Gegenstand von Erwartungen anderer ist, und als
• soziales Subjekt, nämlich auf den jeweiligen einmaligen Menschen, der als autonomes Wesen über Entscheidungsfähigkeit und damit über Handlungspotentiale verfügt.
Dabei richten sich die Veränderungsstrategien auf folgende menschliche Merkmale (Neuberger 1994):
- Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen und Kenntnisse: Diese Merkmale sollen am häufigsten durch PE modifiziert werden. Sie werden in der Regel in hochstrukturierten, kognitiv geleiteten Unterrichtssequenzen im Rahmen von Frontalunterricht, Vorlesungen, programmierten Unterweisungen usw. beschult.
- Bedürfnisse, Motive, Interessen: Diese Persönlichkeitsmerkmale versucht man durch Maßnahmen zu beschulen, die auch emotionale Aspekte von Menschen berühren, wie es üblicherweise bei Rollenspielen und gruppendynamischen Übungen geschieht.
- Emotionen, Werte, Einstellungen: Diese Merkmale entziehen sich einer Beschulung im traditionellen Sinn. Sie werden durch tagtägliche Interaktionen im jeweiligen organisatorischen System erworben. So wird der Mitarbeiter im Verlauf seiner Arbeit geradezu automatisch in die Kultur einer jeweiligen Organisation hinein sozialisiert.
- Belastbarkeit, Stress, Frustrationstoleranz, Fitness: Diese Merkmale werden in einer Organisation ebenfalls meistens wie selbstverständlich erworben. Sie betreffen das Zeit- und Selbstmanagement, die individuelle Wellness usw. Sie werden aber andererseits heute oft durch gezielte Maßnahmen der Gesundheitsförderung (Heckhausen 2000) zu entwickeln versucht.
- Identität, Selbstwertgefühl: Diese Merkmale sind nun zur Gänze an die innerbetriebliche Sozialisation gekoppelt. Selbstsicherheit im Beruf entwickelt sich letztlich erst mit dem Erfolg am jeweiligen Arbeitsplatz. Und eine Identität als Mitarbeiter oder als Führungskraft (vgl. Koch, Lührmann 2001) entwickelt sich auch erst durch fortlaufende Handlungsvollzüge mit den entsprechenden Interaktionspartnern.
3.2. Interpersonale Zugänge
Inhalte in interpersonaler Hinsicht sind mit Zielsetzungen verbunden, die sich um die Verbesserung sozialer Prozessphänomene ranken. So geht es hier um die Förderung folgender Phänomene:
- Direkte Interaktionen: etwa durch Prozessberatung, wie wir sie aus der Organisationsentwicklung kennen, oder durch Kommunikationsseminare.
- Dauer, Kontinuität von Beziehungen, Zeitlichkeit: Hierbei geht es um Auseinandersetzungen mit langfristigen/kurzfristigen Beziehungen in der Organisation und ihre Bedeutung für das soziale System oder Teilsystem. Zentral sind hier Methoden der angewandten Gruppendynamik (Rechtien 1992).
- Rollenzuweisung: Hierunter sind Auseinandersetzungen mit den formalen und informellen Rollen etwa durch Rollenberatung (Schreyögg 1995) zu verstehen.
- Regeln, Normen, Werte, Ideologien, Mythen: Methodisch fallen in diesen Bereich Organisationskulturanalysen, Spielanalysen oder grundlegende Analysen der Werte von Organisationsmitgliedern (Steinmann, Schreyögg, G. 2000).
- Grenzen, Identität, Wir-Gefühl: Methodisch werden diese Phänomene ebenfalls durch Gruppenübungen gefördert.
- Emotionen: Hierunter fallen Kommunikationsanalysen und -übungen etwa nach Schultz von Thun (1981, 1989)
- Interessen, Macht: In diesen Bereich gehören Analysen divergierender Interessen, Analysen der Machtspiele, der Intrigen, Strategien und Taktiken zur Durchsetzung von Interessen (Neuberger 1998).
3.3. Apersonale Zugänge
Bei dieser Gruppe von Inhalten geht es um die Organisation als Gesamt. Wie oben schon angesprochen, finden sich immer wieder Überschneidungen von Organisations- und Personalentwicklung. Bei dieser Gruppe von Inhalten treten sie aber ganz deutlich zu Tage. So geschieht es, wenn die
- Relation mehrerer Gruppen zueinander etwa durch Konfrontationssitzungen zwischen Gruppen oder durch Mediation bei Intergruppenkonflikten bearbeitet werden soll.
- Die Neugestaltung von hierarchischen Konfigurationen etwa durch Entscheidungszentralisation oder durch die Neuordnung von Entscheidungskompetenzen gehören ebenso in diesen Bereich wie
- die Neuordnung basaler formaler Muster wie der Arbeitsteilung und der Standardisierung von Aufgaben. Hierher gehört auch
- die Einleitung kultureller Wandlungsprozesse, die Entwicklung einer neuen Corporate Identity oder die Entwicklung neuer Leitbilder.
- In diesen Inhaltsbereich gehören ebenfalls Auseinandersetzungen mit der Unternehmensgeschichte, sowie
- die Analyse und Bearbeitung der Mikropolitik (Neuberger 1995).
4. Ziele der Personalentwicklung
In einem übergeordneten Sinn hat Personalentwicklung eine volkswirtschaftliche Bedeutung. So zielt sie auf den Erhalt oder die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Naheliegender sind selbstverständlich die Ziele der jeweiligen organisatorischen Systeme, in denen sich PE vollzieht. So soll sie zunächst der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit eines Systems dienen, der Erhöhung seiner Flexibilität, der Erhöhung der Motivation und Integration der Mitarbeiter, der Sicherung eines qualifizierten Mitarbeiterstammes unter Berücksichtigung der individuellen und bildungspolitischen Ansprüche aller Beteiligten (Staehle 1999).
Ziele der PE lassen sich auch danach differenzieren, ob sie primär Interessen der Organisation oder primär Interessen der Mitarbeiter berühren (vgl. Thom, Winkelmann 1984, 363; Heymann, Müller 1982, 152). Im Idealfall kommt die Personalentwicklung zwar beiden Seiten entgegen, bei den Zielen lassen sich aber durchaus Akzente erkennen.
4.1. Ziele aus der Sicht der Organisation
Aus der Sicht einer Organisation zielt Personalentwicklung zunächst auf die Sicherung eines qualifizierten Stands an Führungskräften und Spezialisten. Und natürlich geht es hier immer um eine sorgfältige Entwicklung von Nachwuchskräften für die Linie, aber auch um die Entwicklung jüngerer Fachleute für Stabsfunktionen. Auf diese Weise versucht man auch eine größere Unabhängigkeit von externen Arbeitsmärkten zu erlangen.
Durch Maßnahmen der Personalentwicklung versucht man außerdem Fehlbesetzungen innerhalb des Unternehmens zu ermitteln und auszugleichen. In den meisten Fällen geht es allerdings um Verbesserungen der Leistungsfähigkeit bei den Beschäftigten und vielfach auch um Verbesserungen ihrer sozialen Kompetenzen. Aus diesem Grund finden wir viele Maßnahmen zur Förderung der innerbetrieblichen Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit. In diesem Sinn steht Personalentwicklung immer im Dienste einer Erhöhung der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiter, denn jedem organisatorischen System muss es daran gelegen sein, seine Mitarbeiter für die Erfordernisse moderner Technologien und aktueller Marktansprüche zu rüsten.
Gelegentlich finden sich auch Maßnahmen zur Verminderung von Kosten. Dann wird das Kostenbewusstsein der Mitarbeiter beschult. Durch Personalentwicklung wird überhaupt häufig auch Kostenreduktion angestrebt. So hofft man etwa durch eine Förderung der Arbeitszufriedenheit die Fluktuation zu senken. Fluktuation stellt nämlich immer einen enormen Kostenfaktor dar.
4.2. Ziele aus der Sicht der Mitarbeiter
Die Mitarbeiter erwarten sich von Maßnahmen der Personalentwicklung am häufigsten einen Aufstieg in der Organisation mit allen denkbaren formalen Konsequenzen. Dieser Aufstieg soll möglichst eine Erhöhung ihres Einkommens und eine Erhöhung ihres sozialen Status nach sich ziehen. Auf diese Weise hoffen sie ihre wirtschaftlichen Risiken zu minimieren und ihre individuelle Mobilität auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Durch vorausgegangene Personalentwicklungsmaßnahmen lassen sich auch tatsächlich häufig ihre Verwendungs- und Laufbahnmöglichkeiten steigern.
Neben materiellen Verbesserungen erwarten sich Mitarbeiter aber auch immaterielle wie die Aktivierung bisher nicht genutzter persönlicher Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verbesserung von Selbstverwirklichungschancen. Im weiteren Verlauf erwarten sie sich durch die Übernahme qualifizierterer Aufgaben, durch eine Erweiterung ihres Aufgabengebietes und durch Verbesserungen ihrer fachlichen Qualifikation einen generellen Zugewinn an „beruflicher Lebensqualität“.
5. Anlässe für die Personalentwicklung
Wie oben angesprochen, findet Personalentwicklung keineswegs in allen Organisationen statt. Taylor & Lippitt (1983) ermittelten, dass geplante Maßnahmen nur in wenigen Organisationen stattfinden, dass sich dementsprechend Anlässe für die PE aus der Sicht des Managements entweder gar nicht ergeben oder erst als Reaktion auf inakzeptable Entwicklungen in einem Prozess von Trial and Error. Die Autoren systematisieren vier Trends in der Haltung gegenüber der PE:
(1) Jungle Method: Die Organisation wartet so lange, bis sich personelle Engpässe oder neue Aufgabengebiete ergeben. Dann besetzt die Organisation diese mit dem bisherigen Personal, das sich selbständig neu einarbeitet, oder sie rekrutiert neues Personal. Eine geplante Personalentwicklung findet hier nicht statt.
(2) Agricultural Method: Das System stellt noch junge, noch „grüne“ Nachwuchskräfte mit allerdings hohem Wachstumspotential ein. Diese Mitarbeiter werden dann systematisch durch Trainee-Programme und andere Förderungsmaßnahmen unterstützt. Durch PE auf allen Hierarchie-Ebenen entsteht hier ein Reservoire an hochqualifizierten Mitarbeitern.
(3) Manufactoring Method: Die Organisation stellt halbausgebildete Mitarbeiter mit Berufserfahrung ein und erprobt deren Qualifikation auf verschiedenen Positionen. Hier findet dann PE selektiv, nur bei spezifischem Bedarf statt.
(4) Purchasing Method: Die Organisation engagiert gut aus- und fortgebildete Mitarbeiter. Bei nicht ausreichender Leistung trennt sie sich wieder von ihnen. Hier findet überhaupt keine PE statt.
Es lässt sich behaupten, dass die Methods (2) und (3), also die Strategien, bei denen PE eine Rolle spielt, überwiegend in großen Systemen zu finden ist. In kleinen Organisationen dagegen existieren in der Regel keine PE-Strategien. Wenn überhaupt entsprechende Maßnahmen eine Rolle spielen, werden sie extern eingekauft.
In den Organisationen, in denen Personalentwicklung de facto eine Rolle spielt, gehen, wie Gabele (1983) ermittelte, die Impulse für neue Bildungsinhalte zunächst von zwei grundlegenden Faktoren aus:
• Von unternehmerischen Faktoren wie technologischen Veränderungen oder von Änderungen der Marktverhältnisse.
• Außerdem von personell-politischen Faktoren wie Veränderungen des Betriebsklimas oder von bildungspolitischen Entwicklungen.
Etwas spezifischer hat Weber (1985) durch empirische Untersuchungen festgestellt, dass die Entwicklung neuer Bildungsinhalte in Organisationen vorrangig verursacht ist durch
• die wirtschaftliche Entwicklung eines Systems,
• durch seine Beschäftigtenzahlen,
• durch die Betreuungsintensität der Produkte,
• durch die Anzahl von Hochschulabsolventen und
• durch den Umfang betrieblicher Weiterbildungsziele.
Berthel (1983) macht aber darauf aufmerksam, dass die differenzierteste Personalentwicklungsmaßnahme ins Leere geht, wenn nicht auch auf Seiten der Mitarbeiter eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind:
• So benötigen die Mitarbeiter zunächst eine grundlegende Bereitschaft zur Entwicklung,
• aber natürlich auch die Fähigkeit dazu.
• Außerdem ist es dringend nötig, dass sie sich am Entwicklungsprozess aktiv beteiligen.
• Und schließlich liegt auch die Umsetzung bzw. die Anwendung des Gelernten in ihrer Hand.
6. Instrumente der Personalentwicklung und ihre Gliederungen
Die Instrumente der Personalentwicklung werden in der einschlägigen Literatur nach dem Adressaten, nach dem Ziel und nach der Nähe zum Arbeitsplatz gegliedert.
6.1. Gliederung nach dem Adressaten
Personalentwicklungsinstrumente differieren zunächst ganz erheblich danach, an wen sie gerichtet sind. Da spielen zum einen hierarchische und fachspezifische Aspekte eine Rolle. Bis in die 70er Jahre hinein zentrierte sich die PE ausschließlich auf untere hierarchische Ränge. Diese wurden entsprechend den unmittelbaren Anforderungen im Unternehmen beschult. So fanden etwa bei der Einführung von elektrischen Schreibmaschinen und später bei der Einführung von Computern mit entsprechenden EDV-Systemen viele Kurse für Sekretärinnen statt. Heute bieten besonders Grossunternehmen eine breite Palette von Fortbildungsmaßnahmen für ihre Mitarbeiter an und – wie im Falle von VW – sogar für Mitarbeiter anderer Betriebe.
Besonders hochrangige Führungskräfte wurden bis in die 80er Jahre hinein selten von Maßnahmen der Personalentwicklung erfasst. Lediglich in Großunternehmen hatte bereits in den 70er Jahren der neu rekrutierte Führungsnachwuchs Trainee-Programme zu besuchen. In diesen musste er jeweils eine Zeit lang in unterschiedlichen Abteilung einer Firma tätig werden, um seine Potentiale weiter zu entwickeln, aber auch um die für ihn passendste Aufgabe zu finden. In den 70er Jahren besuchten auch etliche Führungskräfte gruppendynamische Veranstaltungen oder Selbsterfahrungs-Seminare. Dieses geschah in der Regel auf eigene Faust und sollte der Entwicklung sozialer Kompetenzen dienen. Heute, im Zeitalter erhöhter Managementanforderungen, finden wir eine Vielzahl von Angeboten für Führungskräfte. In den meisten Fällen handelt es sich um Seminarserien mit Managementthemen; denn viele Führungskräfte verfügen als Jurist, Ingenieur oder Chemiker über nur unzureichende fachliche Kompetenzen zur Leitung einer größeren organisatorischen Einheit. So fordert etwa die Firma BMW, dass sich jede Nachwuchskraft im Bereich des Managements beschulen lässt. Bei solchen Programmen handelt es sich in der Regel um kognitiv orientierte Seminarserien für Gruppen von Hierarchie-Gleichen. Daneben finden wir eine Vielzahl von Trainings zur Förderung der Kommunikations- oder Führungsfähigkeit.
Die neueste PE-Maßnahme für Führungskräfte ist das Coaching. Es nimmt heute in Großunternehmen bereits einen ganz erheblichen Stellenwert ein. Im Gegensatz zu Seminaren oder Trainings kann hier die einzelne Führungskraft genau das einbringen, was ihr aktuell auf den Nägeln brennt (Schreyögg 1995, 2002).
6.2. Gliederung nach dem Ziel
PE-Maßnahmen sind auch nach dem Ziel zu unterscheiden (Heymann & Müller 1982). Sie können
a. auf die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit gerichtet sein,
b. auf die Anpassung an neue Bedingungen und
c. auf einen hierarchischen Aufstieg.
Maßnahmen des Typs a. dienen dazu, Mitarbeiter langfristig in ihrer Leistungsfähigkeit zu stützen. Hierbei handelt es sich zum einen um fachliche Auffrischungskurse, bei denen immer wieder auf Qualitätsstandards aufmerksam gemacht werden soll. Es handelt sich zum anderen um Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung (Bamberg et al. 1998, Badura et al. 2000 u.a.). Ziele sind hier die Reduzierung von Fehlzeiten wie auch insgesamt die Reduzierung der Fluktuation. Das sind oft kompakte Angebote von Firmen an Mitarbeiter auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen. Sie müssen in der Regel auch mit der Personalvertretung abgesprochen werden.
Es werden allerdings nicht nur Mitarbeiter unterer Ränge für den Erhalt ihrer Gesundheit beschult. In diesen Rahmen fallen auch Seminare für Führungskräfte, um Rückkehrgespräche mit den wieder Genesenen zu führen (Heckhausen 2000, Weiß 2000), aber auch um ein Führungsverhalten zu realisieren, das geeignet ist, Fehlzeiten zu vermeiden. Zur Realisierung solcher Ziele werden manchmal auch Coachings für Führungskräfte angeboten.
Maßnahmen des Typs b. zur Anpassung an neue Bedingungen stellen sicher die häufigste Gruppe von Maßnahmen dar. Sie spielten beispielsweise eine zentrale Rolle als in Automobilfirmen selbststeuernde Arbeitsgruppen eingeführt wurden. Zu diesem Zweck mussten die Meister ein völlig neues Führungsverständnis und Führungshandeln erlernen, nämlich zunehmend als Moderator einer Arbeitsgruppe zu agieren.
Der dritte Typ, PE zum Zwecke eines hierarchischen Aufstiegs, spielt heute vor allem in Großunternehmen eine besondere Rolle. Jeder Mitarbeiter, der von unteren Hierarchie-Ebenen in höhere Ränge aufsteigen möchte, muss heute Assessmentcenter absolvieren und sich einer eingehenden Eignungsdiagnostik unterziehen.
6.3. Gliederung nach der Nähe zum Arbeitsplatz
Eine in der einschlägigen Literatur besonders oft bemühte Gliederung von Instrumenten der Personalentwicklung stammt von Conradi (1983 siehe auch Staehle 1998). Dieser Autor differenziert die Instrumente nach ihrer Nähe zum Arbeitsplatz in PE „into the Job“, PE „on the Job/along the Job“, PE „near the Job/off the Job“ und PE „out of the Job“.
(1) Bei PE into the Job handelt es sich um alle Maßnahmen, die auf einen Beruf vorbereiten oder die zu einer neuen Tätigkeit hinführen. Dabei lassen sich faktisch wieder Berufsausbildung, Trainee- und Einführungsprogramme unterscheiden.
a. In einer Berufsausbildung werden berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben. Im Sinne des Berufsbildungsgesetztes umfasst die Berufsausbildung die Vermittlung einer breit angelegten beruflichen Grundausbildung sowie der für die spätere Tätigkeit notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse. Berufsausbildung ist in Deutschland bekanntermaßen als duales System organisiert. Es umfasst eine theoretische und eine praktische Ausbildung, die durch Kooperation von staatlichen und privaten Ausbildungsinstanzen gewährleistet werden sollen.
b. Bei Trainee-Programmen wird vor allem die Zielgruppe der Hochschulabsolventen angesprochen. Die vorausgegangene theoretische Ausbildung soll durch Praxiserfahrungen erweitert und abgerundet werden. Diese Programme dauern neun Monate bis zwei Jahre.
c. Mitarbeiter ohne lange Vorbildung werden durch Einführungsprogramme für ihren Arbeitsplatz vorbereitet. Hier werden spezielle Fertigkeiten vermittelt. Die Programme dauern in der Regel nur einige Monate.
(2) PE on the Job/ along the Job ist Personalentwicklung, die direkt am Arbeitsplatz stattfindet. Sie bietet den Vorteil, dass Theorie und praktisches Tun unmittelbar verzahnt sind. Hier hat der Mitarbeiter maximale Möglichkeiten zum handlungsorientierten, aktiven Lernen. Hier lassen sich auch vor- oder halbbewusste Auseinandersetzungen mit arbeitsplatzbezogenen Phänomenen der Arbeit vermitteln.
a. In diese Kategorie gehört zunächst die Projektarbeit, bei der innovative und komplexe Aufgaben zu bewältigen sind. Auf diese Weise findet letztlich immer eine gezielte Förderung von kognitiven und sozialen Faktoren statt; denn hier müssen einerseits fachliche andererseits soziale Kompetenzen mobilisiert und erweitert werden.
b. Unter den seit den 70er Jahren immer wieder ergriffenen Maßnahmen der PE on the Job sind auch Job Enrichment, Job Enlargement und Job Rotation zu nennen. Beim Job Enrichment handelt es sich um Anreicherungen der ursprünglichen Aufgaben, beim Job Enlargement um Erweiterungen und bei der Job Rotation findet ein systematischer Stellenwechsel unter den Mitarbeitern statt.
c. Als “Junior Executive Boards” bezeichnet man Maßnahmen für Junge Manager. Sie arbeiten beispielsweise als High Potentials, also als aussichtsreicher Führungsnachwuchs in einer Aktiengesellschaft für ca. sechs Monate im Vorstand zu unterschiedlichen Gebieten. Sie erfahren so die Realität ihrer späteren Aufgabengebiete und können sich gleich als Nachfolger für die eine oder andere Position empfehlen.
d. Potentialanalysen durch Beurteilungen von Vorgesetzten und durch Assessment-Center dienen der Laufbahn- und Karriereplanung. In Verbindung mit den Wünschen der Mitarbeiter dienen diese Maßnahmen zur langfristigen Vorbereitung auf neue Positionen in einer Organisation.
(3)Als PE near the Job/off the Job bezeichnet man alle arbeitsplatznahen PE-Maßnahmen in und außerhalb der Arbeitszeit, die aber nicht an einen konkreten Arbeitsplatz gebunden sind. Hier lassen sich unterschieden:
a. Bei „Multiplikatorenmodellen“ handelt es sich um Fortbildungsmaßnahmen für den Einsatz interner Trainer. Sie werden systematisch qualifiziert, um dann ihre Kompetenzen an andere Mitarbeiter im Unternehmen zu übermitteln. Diese Art der PE ist besonders sinnvoll, wenn eine große Zahl von Mitarbeitern qualifiziert werden soll.
b. Bei der Nachfolgeplanung und –auswahl, aber auch bei der Assistentenausbildung kommen vorübergehende Formen der Stellvertretung zum Einsatz. Hierbei können sich Organisationsmitglieder vorübergehend, etwa als Urlaubsvertretung, in eine Position einarbeiten. Sie erhalten dann Feedback vom jeweiligen Vorgesetzten und können sich selbst für ein mögliches späteres Tätigkeitsfeld erproben.
c. Neuerdings spielen auch Supervision und Coaching als Maßnahmen der PE eine Rolle. Bei Supervision handelt es sich um eine Beratungsform, bei der Mitarbeiter für ihre Aufgabenerfüllung auf der Sachebene von einem organisationsex- oder organisationsinternen Berater eine Zeitlang begleitet werden. Bei Coaching handelt es sich demgegenüber um eine Beratungsform, die sich an Führungskräfte auf unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen wendet. Es thematisiert in erster Linie die Managementthemen der Führungskräfte. Beides sind Beratungsformen, die berufliche Fragestellungen von Organisationsmitgliedern thematisieren (Schreyögg 1991, 1995, 2002).
d. Bei der Konstituierung neuer Arbeits- oder Projektgruppen werden heute häufig Maßnahmen der Teamentwicklung (Comelli 1985) anberaumt. Hierbei handelt es sich um gruppale Veranstaltungen, die dem besonderen Charakter kooperierender Arbeitgruppen in Anfangsstadien Rechnung tragen. Sie treffen sich vielfach mit Maßnahmen der Teamsupervision.
e. Bei Fallstudien-Seminaren handelt es sich um Gruppenveranstaltungen, bei denen Führungskräfte nach dem Muster der Harvard-Business-School anhand von Führungsbeispielen aus der Praxis beschult werden. Ein jeweiliges Fallbeispiel mit entsprechenden Fragestellungen wird den Teilnehmern vorgelegt und von ihnen Kleingruppenweise bearbeitet.
f. Heute nehmen nicht nur Mitarbeiter unterer Ränge, sondern vor allem in Großunternehmen auch hochrangige Führungskräfte Bildungsurlaub in Anspruch. Sie besuchen dann innovative Organisationen oder konfrontieren sich mit neuen Techniken und Verfahrensweisen aus ihrem jeweiligen Fachgebiet.
g. In vereinzelten Fällen verfügen Organisationen über Corporate Universities, d.h. über firmeneigene Fortbildungsinstitute, in denen Mitarbeiter exakt für die Bedürfnisse eines Systems vorbereitet werden. In solchen Fällen kann auch eine systematische Bündelung und Fortentwicklung des organisationseigenen Wissens stattfinden.
(5) Bei PE out of the Job handelt es sich schließlich um Maßnahmen, die Mitarbeiter unterstützen, wenn sie sich von einer Organisation entfernen. Das gilt für zwei Typen von Vorgängen:
a. Veranstaltungen im Vorfeld des Ruhestandes werden von manchen Firmen ausgesprochen sorgfältig geplant und durchgeführt (Comelli 1985). Hier geht es im wesentlichen darum, einem potentiellen „Pensionierungsschock“ oder gar „Pensionierungstod“ vorzubeugen.
b. Der andere Typ von Vorgängen betrifft Freistellungen, d.h. Kündigungen von Mitarbeitern. Für sie werden heute vielfach sogenannte Outplacement-Veranstaltungen angeboten. Dabei handelt es sich um Trainings, Seminare oder Beratung für Einzelne oder Kleingruppen, in deren Verlauf die Mitarbeiter unterstützt werden, die Trennung von einer Firma leichter zu verkraften, sich eine neue Position zu suchen und sich auf diese vorzubereiten.
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